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macroart, photocase.de

Online-Werbung auf demografische Merkmale der Nutzer auszusteuern, war vor zehn Jahren eine tolle Sache. Heute ist das Schnee von gestern. Längst ist das Targeting präziser. Gezeigtes Nutzerverhalten und Interessen können in die Werbeaussteuerung ebenso einfließen wie CRM-Informationen oder Kaufhistorien. Damit kann heute weitgehend sichergestellt werden, dass der richtige Nutzer angesprochen wird. Aber das große Ziel ist noch lange nicht erreicht: Es gilt, den richtigen Nutzer zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Werbung anzusprechen. Denn auch die passendste Werbebotschaft verpufft, wenn das Timing schlecht ist. Es kommt auf den richtigen Moment der Ansprache an.

"Moment-Marketing“ heißt das Schlagwort, das in der Branche immer öfter die Runde macht. Was zunächst nach einer „neuen Sau“ klingt, die jetzt durchs digitale Dorf getrieben wird, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als genau das, was sich Marketer schon lange wünschen: relevante Werbung. Insbesondere Werbegigant Google wird nicht müde, die Bedeutung der „Micro-Moments“ für das Online-Advertising zu betonen.

Der erste von zwei Schlüsseln zu diesen „Momenten“ ist das Smartphone. Auf dem mobilen Endgerät erreicht man Nutzer quasi in jeder Situation. Im Allgemeinen sind solche entscheidenden Momente durch drei Kriterien gekennzeichnet. Der Nutzer möchte etwas (Intent, Absicht), befindet sich in einer bestimmten Situation (Kontext) und möchte die Information oder den Service so schnell wie möglich erhalten (Immediacy, Unmittelbarkeit).

Was will der Nutzer?

Die Absicht ist schon immer ein wichtiges Thema für Marketer. Hier gilt es zu verstehen, was der Kunde wirklich wissen will, wenn er zum Smartphone greift. Möchte er sich über ein Thema informieren, werden produktspezifische Informationen benötigt oder ist es gar der Preis eines Produktes, der ihn interessiert? Die Absicht ist der erste Anhaltspukt, um Werbung effizient auszusteuern und die passenden Botschaften zu präsentieren. Der Kontext hilft dann, sich in den Kunden hineinzuversetzen – beispielsweise, wenn zu bestimmten Zeiten bestimmte Inhalte angesurft werden.

Die Unmittelbarkeit liegt bereits in der Nutzungssituation begründet. Wer das Smartphone zückt und die nächste Drogeriefiliale sucht, benötigt die Information sofort. Ebenso wie der Geschäftsreisende, der kurzfristig sein Hotel umbuchen möchte und nun statt für Köln passende Angebote in Düsseldorf benötigt. Wer es schafft, Kontext und Absicht der Nutzer zu interpretieren und die Dringlichkeit versteht, hat gute Chancen auf eine sinnvolle Werbeansprache.

Orte sind wichtig

Welche große Rolle das Smartphone in der Customer Journey spielt, zeigt eine aktuelle Studie von xAd, einem Anbieter für standortbasiertes, mobiles Echtzeitmarketing. Der xAd-Studie zufolge nutzt etwa jeder zweite Befragte sein Smartphone insbesondere zu Beginn der Kaufanbahnung. Hier bietet sich nach Einschätzung der Experten auch der beste Moment, um Einfluss auf die Entscheidungsfindung zu nehmen. Aber auch in der Überlegungsphase („Consideration“) nehmen 55 Prozent das Smartphone zur Hand, um Marken und Geschäfte in die nähere Auswahl einzubeziehen.

Ein besonders interessantes Ergebnis der Untersuchung lautet: Wenn die mobile Suche einmal gestartet ist, schließen zwei Drittel der Befragten den Kauf letztlich auch tatsächlich ab. Dabei scheinen Konsumenten den Erwerb des sie interessierenden Produkts kaum erwarten zu können: 73 Prozent möchten den Kauf noch am selben Tag der Suche abschließen.

Die Kraft des „Wo“

„Location ist Intent“, sagt Johannes Paysen, Country-Manager Deutschland bei xAd. Über die technischen Lösungen des Anbieters können Werbungtreibende Kampagnen für Konsumenten ausspielen, die sich an bestimmten Standorten aufhalten. Zusätzlich hat das Unternehmen mit einem speziellen kartografischen Verfahren die Gebäudegrenzen von Geschäften ermittelt und als Ortsinformation hinterlegt. Somit lässt sich für eine Kampagne auch nachvollziehen, wie viele Nutzer aufgrund der gesehenen Werbung ein Ladengeschäft betreten haben. Die Geoinformation bezieht der Werbeanbieter aus den GPS-Daten der mobilen Nutzer, wenn sie eine der mehr als 100.000 Apps des xAd-Werbenetzwerkes geöffnet haben.

Johannes Paysen

„Wir prüfen die Standortdaten in Echtzeit“, betont Paysen. Ebenso können Werbungtreibende auf das mit den Ortsinformationen angereicherte Inventar in Echtzeit zugreifen: Zurzeit arbeitet xAd mit mehr als 40 DSPs zusammen. Auf diese Weise können Agenturen das Inventar programmatisch buchen, auch in Form von Private Deals.

Programmatic ist wichtig. Es gilt als der zweite Schlüssel zu den Micromomenten. Ohne eine programmatische Werbeauslieferung in Echtzeit können Nutzer nur schwer oder gar nicht in den passenden Momenten erreicht werden. Besonders vielversprechend ist selbstverständlich die Kombination von Mobile und Programmatic. Werbetreibende können dann zum Beispiel bei den kontextbezogenen Signalen neben der Tageszeit auch den Standort des mobilen Nutzers in ihren Kampagnen berücksichtigen.

Mobile 1st Party Data sehr begehrt

In Bezug auf Programmatic und mobile Daten kommt auch der deutsche Markt langsam in Schwung. Erst kürzlich hat das Berliner Unternehmen adsquare einen privaten Marktplatz für Daten mobiler Zielgruppen gelauncht. Dies sei der hohen Nachfrage nach genauen Zielgruppeninformationen für Mobile Programmatic Advertising geschuldet, heißt es aus Berlin. Mit der Möglichkeit für „Private Deals“ möchte man nun vor allem First-Party-Datenbesitzern neue Möglichkeiten der Monetarisierung bieten. An Bord sind bereits Firmen wie Onefootball oder Scout24Media, der Digitalvermarkter der Scout24 AG. In Kombination mit weiteren über adsquare verfügbaren Daten – zum Beispiel Daten zu lokalem Kontext oder Haushalt – können Werbungtreibende ihre Zielgruppen sehr genau modellieren.

Tom Laband

„First-Party-Daten sind gerade im mobilen Bereich extrem spannend, da sie weitere Informationen über den Nutzer und seinen Kontext beinhalten und zum großen Teil harte Daten sind“, sagt Tom Laband, CEO & Co-Founder von adsquare. So sagen zum Beispiel die Daten von Apps viel über das Verhalten von Konsumenten aus: Welche Produkte kauft sie? Welche Musik hört er gerade? Welche Art von Kleidung bestellt sie? Solche Daten können in Verbindung mit ortsbezogenen Informationen ein mächtiges Instrument sein, um Nutzer im richtigen Moment mit der passenden Botschaft abzuholen.

Mit Moment-Marketing die Relevanz steigern

Für Agenturen ist Moment-Marketing enorm interessant, da sich damit die Relevanz von Kampagnen deutlich steigern lässt. „Mobile spielt die zentrale Rolle im Moment-Marketing. Denn aus den Apps erhalten wir valide 1st Party Data, die wir auch verwenden können“, sagt Petra Lein, Mobile Strategy Specialist bei Starcom Deutschland. Dabei gehe es aber nicht nur um eine Momentaufnahme vom Nutzer. „Auch die Frequenz ist wichtig“, betont Lein. Denn in vielen Fällen ergibt erst die Auswertung von Nutzungsfrequenzen und Aufenthaltsdauer ein exaktes Bild der mobilen Konsumenten. Dann wird zum Beispiel deutlich, ob es sich tatsächlich um einen Fast-Food-Fan handelt, der sich drei Mal in der Woche um die Mittagszeit in der Burger-Filiale zum Lunch aufhält, oder ob er lediglich auf dem Weg ins Büro diese Filiale passiert hat.

Petra Lein

Auch wenn Bewegung in die Sache kommt: Hierzulande steckt Moment-Marketing noch in seinen Anfängen. Denn in Deutschland geht man neue Dinge gern verhalten an. Hinzukommt, dass Werbetreibende und Agenturen momentan vor einem Problem stehen: Laut Lein gibt es für Mobile aktuell eine ähnliche Situation, wie es damals beim Aufkommen von RTB im Desktopbereich der Fall war. „Die rasante Entwicklung hat viele Anbieter in den Markt gebracht. Und alle können theoretisch fast alles. Da ist es schwierig einzuschätzen, was wirklich hinsichtlich Datennutzung und -verwertung geleistet werden kann“, sagt Lein.

Mehr Programmatic ist der Weg

Nichtsdestotrotz gehöre dem Mobile Programmatic Advertising die Zukunft: „Die Mehrzahl der Publicis Media Kunden“, sagt Lein, „lässt digitale Kampagnen parallel auf Display und Mobile ausspielen. Programmatic ist dabei schon heute fester Bestandteil, wobei Mobile und Programmatic im wahrsten Sinne des Wortes füreinander bestimmt sind. Aus Sicht der Expertin ist Mobile Programmatic der Schlüssel zum Cross-Device-Targeting.

Und Lein denkt noch einen Schritt weiter: „Nun müssen wir es schaffen, die Daten auch in Echtzeit in das Creative einzubringen.“ Das heißt: Die Realtime-Daten über den jeweiligen User sollten nicht nur dazu dienen, die richtige Zielgruppe im richtigen Moment anzusprechen, sondern auch automatisiert in die Werbebotschaft einfließen. Um auf der „Fast Lane“ der Daten- und Technologieentwicklung im Programmatic mithalten zu können, bedürfe es intelligenter, dynamisch agierender Auslieferungstechnologien, sagt Lein. „Nur so schaffen wir es, Creatives dynamisch und in Echtzeit an das jeweilige Nutzer-Mindset anzupassen und somit den Konsumenten relevanten Content in ‚moments that matter‘ zu liefern.“

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SOCIAL MEDIA
Word of Mouth bleibt

Frederik Timm
Foto: survey-billionphotoscom, Adobe Stock

Mund-zu-Mund-Propaganda ist die älteste Form der Werbung. Doch wie relevant ist das Empfehlungsmarketing oder auch „Word of Mouth"-Marketing (WoM) in Zeiten von Influencern, die die sozialen Kanäle beherrschen? Gerade im Online-Bereich wurde es ein wenig still um Word of Mouth. Hat Influencer Marketing es klang-heimlich durch Influencer-Marketing ersetzt oder betreiben Marken nach wie vor Kampagnen, in denen die Mundpropaganda im Mittelpunkt steht?

Begrifflichkeiten sollen geklärt sein

Bevor man sich überhaupt die Frage stellt, ob Influencer das WoM ersetzt haben, bringt eine Begriffsklärung mehr Licht in die Sache. Denn während YouTuber und Instagrammer in den meisten Fällen ein bestimmtes Produkt bewerben oder die Zuschauer beeinflussen sollen, werden beim WoM-Marketing Nutzer oder bestehende Kunden einer Marke selbst zum Sprachrohr.

WoM-Kampagnen zielen darauf ab, dass Menschen ihren Bekannten Produkte weiterempfehlen und sie dadurch zum Kauf anregen. Der Unterschied zum Influencer-Marketing liegt im Vertrauen des potenziellen Kunden gegenüber dem Empfehlenden. So bieten YouTuber zwar große Reichweiten, jedoch genießen sie häufig nicht genug Vertrauen der Zuschauer, um diese tatsächlich zum Kauf anzuregen.

David Eicher, Bild: webguerillas

Das findet auch David Eicher, der Geschäftsführer der Agentur webguerillas: „Im Influencer-Marketing kommt es nicht auf die Anzahl der Kontakte an, sondern auf die richtigen: So sind es in der Offline-Welt nach wie vor häufig zufriedene Konsumenten aus dem persönlichen Umfeld, die Kaufentscheidungen beeinflussen. Natürlich gibt es auch eine Reihe von Online-Influencern, die mit fundiertem Know-how glänzen – aber nicht jeder, der einen reichweitenstarken Kanal hat, beeinflusst auch nachweislich die Kaufprozesse vieler Menschen. Folglich kann sich eine Reichweite von zehn Experten in der Nachbarschaft als viel gewinnbringender erweisen, als die Einbuchung eines YouTubers, der regelmäßig eine Million Views erzielt."

Verbindung zwischen On- und Offline

WoM lebt von positiven, erlebten Erfahrungen in Verbindung mit einer Marke. So können On- und Offline-Erfahrungen miteinander verbunden werden, indem Marken beispielsweise nach erfolgreichem Erlebnissponsoring die Teilnehmer gegen Incentives dazu bewegen, ihre Erfahrung über ihre privaten Profile auf einer Micropage der Marke zu teilen.

Jan Heinrich Meyer, Bild: Xing

Für Jan Heinrich Meyer, Business Development Manager der Agentur Paart, bietet sich hier die Möglichkeit, Influencer und WoM-Marketing miteinander zu verbinden: „Es findet ein Produktkontakt wie beispielsweise bei einem Sampling oder auf einem Festival statt und zusätzlich werden die Erfahrungen in die digitale Welt weitertransportiert. Dieser Vorgang muss jedoch von jemanden angetrieben werden, und da ist ein Influencer sehr spannend.“

Word of Mouth bleibt bestehen

Auch wenn WoM-Marketing in den letzten Jahren nicht mehr viel Aufmerksamkeit bekommen hat und gerade mit dem Aufschwung der sozialen Medien neue Bereiche wie das Influencer-Marketing an Bekanntheit zunehmen, so bleibt die wohl älteste Form des Marketings trotzdem bestehen und weiter relevant. Auch wenn Influencer-Marketing derzeit in aller Munde ist, so wird es nicht WoMM ersetzen.

Olaf Kopp, Bild: Olaf Kopp

Olaf Kopp, Head of SEO und Co-Founder der Agentur Aufgesang, sieht es vielmehr als einen Teil im Gefüge des Marketings in den sozialen Medien: „Als Überbegriff zu allen Marketingaktivitäten, die mit sozialen Netzwerken zu tun haben sehe ich Social-Media-Marketing. Word of Mouth-Marketing ist ein Teil des Social-Media-Marketings und Influencer-Marketing ein wichtiger Teil des Word-of-Mouth-Marketings.“

Für Jan Heinrich Meyer bieten Influencer eine sinnvolle Ergänzung zu WoM und keinen Ersatz. Vielmehr gäbe es Rivalitäten an anderer Stelle: „Influencer werden zukünftig eher dem TV oder klassischen Testimonials Konkurrenz machen. Die junge Zielgruppe interessiert sich dafür einfach nicht mehr.“

David Eicher versteht WoM hingegen als einen sichereren Performance-Motor als Influencer: „Im Influencer Marketing müssen wir das Verhältnis von Quantität und Qualität neu austarieren. Reichweite, also die Clicks und Views, die uns bekannte YouTuber bescheren, wiegt uns in einer Scheinsicherheit und täuscht über den Mangel echter Erfolgskennziffern hinweg: Sales. Zufriedene Kunden und treue Markenanhänger können meiner Meinung nach viel eher – weil glaubwürdiger – einen Kaufimpuls auslösen.“

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