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akf, dollarphotoclub.com

Daten sind „das neue Öl“ – da sind sich Werbetreibende, Mediaagenturen und Plattformanbieter einig. Immer häufiger ersetzen sie die klassische Umfeldplanung und sollen dabei helfen, Zielgruppen noch präziser zu definieren und Kampagnen mit noch höherer Trefferquote auszusteuern. Doch die Nutzung von Daten kann weit über das Targeting hinausgehen. Ihr Einsatz kann von der Validierung über die Kampagnenoptimierung bis hin zur Personalisierung des Werbemittels reichen. Letzteres wird häufig unter dem Begriff „Programmatic Creativity“ aufgeführt und wird in der Branche als nächster Evolutionsschritt der digitalen Werbung gehandelt.

Als am 14. Oktober Kreative und Vertreter der digitalen Wirtschaft im ehrwürdigen Business Club in Hamburg aufeinandertrafen, lag eine gewisse Spannung in der Luft. Mit dem erklärten Ziel, die beiden Welten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, zueinander zu führen, hatte der BVDW zum Themenabend „Data & Creativity“ eingeladen. Die Bandbreite der Teilnehmer reichte vom Werbetreibenden über die Kreativagentur bis hin zum Datenanbieter und spiegelte sich auch in den Diskussionsteilnehmern des Panels wieder. Vertreter von Facebook und Impossible Software saßen in einer Reihe mit Jung von Matt und Plan.Net.

BVDW  Themenabend „Data & Creativity“

Matthias Wahl, Präsident des BVDWs und Geschäftsführer des Online-Vermarkters OMS, eröffnete die Diskussionsrunde mit einem Lippenbekenntnis: Zwar ist Programmatic Advertising mittlerweile ein wichtiger Bestandteil seiner täglichen Arbeit, jedoch hat das Thema „so viele Facetten, dass man mit dem Lernen kaum hinterherkommt“. Ein Bekenntnis, das viele der Anwesenden teilen und das die Kernfrage des Themenabends aufwarf: Warum fehlen der deutschen Branche die Erfahrungswerte, wenn es um „Data & Creativity“ geht?

Laut Friedrich von Zitzewitz, Chief Creative Officer bei Plan.Net, liegt die größte Herausforderung darin, „die unterschiedlichen Systeme und die Menschen hinter den Systemen zusammenzuführen“. Er kritisierte den fehlenden Innovationswillen in Deutschland und warb für eine „Kultur des Ausprobierens“, wie sie auch in den USA gelebt wird.

Ole John

Diese Einschätzung teilt auch Impossible Software, Anbieter von personalisierten Videoclips. Laut Gesellschafter Ole John ist man in den USA und in UK „wesentlich experimentierfreudiger als hier“. In Deutschland werden zunächst Referenzen und Erfahrungswerte angefragt, bevor es zu einer Beauftragung kommt. „Dadurch verpassen es viele Werbetreibende, wirklich innovativ zu sein.“ John präsentierte Kampagnenbeispiele aus den letzten Jahren und zeigte, dass die notwendigen Technologien schon lange zur Verfügung stehen, bisher aber zu wenig Aufmerksamkeit bekommen.

Moderator Oliver Busch (l.) im Gespräch mit  Friedrich von Zitzewitz und Stefan Mohr

Für Stefan Mohr, Geschäftsführer der Jung von Matt/Next GmbH, beginnen die Herausforderungen schon bei den Werbetreibenden selbst, die endlich das „Silodenken“ überwinden müssten. Für Mohr sind Daten „schon lange nicht mehr nur noch Thema der Mediaagenturen.“ Das Potenzial von Daten, so Mohr, hört nicht bei der dynamischen Gestaltung des Werbemittels auf. Mit jeder Kampagne werden „neue Daten gewonnen, die für eine kontinuierliche Optimierung eingesetzt werden können.“

Marc Wirbeleit

Die Personalisierung von Werbung und damit verbunden auch die enge Zusammenarbeit mit der Kreation ist auch für Facebook ein strategisches Thema. Marc Wirbeleit, Creativ Strategist bei Facebook und ADC-Vorstand, stellte einige Kampagnenbeispiele vor. Die dynamischen Werbemittel, die zum Teil über 10.000 Variationen ermöglichen, sind einfach über das hauseigene Self-Service Tool realisierbar. Aus Sicht von Facebook ist der Erfolg der Smartphones, die in der heutigen Mediennutzung den „First Screen“ der Nutzer darstellen, ein besonderer Treiber für das Thema Data & Creativity.

Als Hausaufgaben trug der BVDW allen Teilnehmern des Themenabends auf, ein Verständnis für das „Gewerk des jeweils anderen“ zu entwickeln. Hierzu soll auch eine Arbeitsgruppe gegründet werden, die aktiv den Dialog mit Kreativagenturen sucht und ein gemeinsames Verständnis etabliert und notwendige Schnittstellen entwickelt.

Das mögliche Potenzial von personalisierter Werbung zeigt sich bei einem Blick nach Cannes. Dort wurden im Juni dieses Jahres im Rahmen der Lions Innovation Awards unter dem Titel „Data x Tech x Ideas“ unter anderem Awards für die kreativsten datengetriebenen Kampagnen vergeben. An der berühmten Strandpromenade „Croisette“ zeigte sich dieses Jahr auch, wie wichtig Plattformanbietern wie Google, Facebook oder Microsoft der direkte Kontakt zu der kreativen Branche zu sein scheint. Für erfahrene „Cannesseurs“ eine Entwicklung, die den Charakter der Werbefilmfestspiele und somit auch der Branche nachhaltig verändern wird.

Wer ist nicht nach Hamburg geschafft hat, kann sich den Mitschnitt des Abends auf dem YouTube-Channel des BVDWs anschauen.

Bild Daniel Rieber

Autor/in

Daniel Rieber leitet das internationale Marketing bei Mobile Data Exchange adsquare. Rieber ist Co-Chair der Mobile Marketing Association Germany und konnte sich darüber hinaus in den vergangenen zehn Jahren als Blogger, Dozent, Redner und Berater auch über die Landesgrenzen hinaus einen Namen machen. 2017 erschien sein Buch “Mobile Marketing - Grundlagen, Strategien, Instrumente”, in dem er sich für ein Mobile-First-Denken im Marketing ausspricht
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PROGRAMMATIC
Neue Mediaberufe durch Programmatic Advertising

Jens von Rauchhaupt
Foto: HAVAS Group

Der automatisierte Mediahandel verändert grundlegend die Arbeitsprozesse bei den Mediaagenturen. Das geht so weit, dass ganz neue Aufgabengebiete und Berufsbilder entstehen, die für Außenstehende zum Teil kryptische Bezeichnungen haben. In einer neuen Themenreihe stellt ADZINE den Arbeitsalltag in diesen neuen Berufen vor. Den Anfang machen wir mit Havas Frankfurt. Die Traderin Marie Douchet beschreibt ihren Arbeitstag beim Havas-Trading-Desk Affiperf und Philipp Grabe berichtet von seinem dortigen Job als Programmatic Consultant.

Marie Douchet: Mein Arbeitstag als Media Trader

Ich arbeite bei Affiperf als Media Trader seit März 2015. Vorher habe ich im E-Commerce- und Online-Business-Development-Bereich in multinationalen Unternehmen gearbeitet. Daher war der Bereich Programmatic Buying für mich nicht völlig unbekannt. Gleichzeitig ist es für mich ein neues Entwicklungsumfeld.
Als ich gefragt wurde, einen typischen Tag von einem Trader zu beschreiben, fiel es mir zuerst nicht leicht. Einen typischen Tag gibt es bei uns nicht wirklich. Jeden Tag kommt eine neue Kampagne, ein Private Deal, der nicht wie geplant funktioniert, eine neue Anfrage von dem Planungsteam, ein Call mit einem potenziellen neuen Publisher u. v. m. Diese Dynamik und Abwechslung ist sozusagen unser Alltag. Dies ist meine Motivation, jeden Tag aufzustehen und ins Büro zu fahren.

Marie Douchet, Media Trader

Mein tägliches Ziel ist, alles zu machen, um meine Kampagnen zu optimieren. Eine typische Kampagne an sich gibt es ebenso nicht. Meine Aufgabe besteht darin, auf die Erwartungen von unseren Kunden schnell und passend zu reagieren, um die effizientesten Leistungen anzubieten. Eine Branding-Kampagne für den Launch des neuen Hyundai-Modells hat nicht die gleichen Voraussetzungen und Anforderungen wie eine Performance-Kampagne in der Sommerzeit für die Accor Hospitality Group. Meine Herausforderung ist dann, die richtigen Werbeflächen durch Gebote auf Nutzerkontakte, den Bid Auctions, zu gewinnen, um die richtigen Zielgruppen zu erreichen. Ich habe mehrere Tools zur Verfügung, um qualifizierte Audiences anzusprechen, wie beispielweise Retargeting, Data-Targeting, Geotargeting oder Umfeldtargeting. Und das alles in Echtzeit!

Was auch sehr wichtig für unser Team ist, ist die tägliche Kommunikation mit den Mediaplanern von unserer Agentur, die den direkten Kontakt mit dem Kunden haben. Wir treffen uns regelmäßig, um über die laufenden und zukünftigen Kampagnen zu sprechen. Diese Meetings sind auch eine gute Gelegenheit für uns, um über Programmatic Buying zu sprechen und die neuen Trends von unserer Branche vorzustellen, sodass die Planer unsere Leistungen besser an die Kunden verkaufen können.

Schließlich bin ich auch täglich in Kontakt mit den Publishern, von denen wir Werbeflächen kaufen. Ich bin hier verantwortlich für die Verhandlung der Preise, die Erstellung der Deal IDs und die Kontrolle der Performances. Mein Ziel ist dann, so viele Private Deals wie möglich abzuschließen, um das beste Premiuminventar und die genauesten Targetings für unseren Kunden zur Verfügung zu haben.

Philipp Grabe: Was macht ein Programmatic Consultant?

Ich bin seit einem knappen Jahr Teil des Teams von Affiperf, dem programmatischen Trading Desk von Havas Media. Meine ersten Berührungspunkte mit Aspekten des Real-Time Advertising (RTA) hatte ich zuvor im Search Engine Advertising (SEA) bei einer anderen Agentur. Dies war zwar von Vorteil, da ich mich schon mit digitalen Kennziffern und Messgrößen bekannt machen konnte, allerdings ist aus meiner Sicht eine Vorerfahrung in Bereichen wie Social Media oder SEA nicht zwingend erforderlich. Das (restliche) Know-how konnte im On-Boarding-Prozess effizient und praxisnah vermittelt werden.

Philipp Grabe, Programmatic Consultant

Als Programmatic Consultant wandle ich quasi zwischen den Welten. Ich fühle mich sowohl in der technologisch-programmatischen Welt sehr wohl und zu Hause als auch auf der eher kundenzugewandten „Sales“-Seite. Tatsächlich ist Sales hier mit Anführungszeichen zu verstehen. In diesem Bereich sehe ich mich eher als Aufklärer und Berater, der den Teams des Kunden bei der Planung und allen sonst Interessierten mit Rat und Tat zur Seite steht.

Im Programmatic Buying passiert aktuell so viel und so schnell, dass ich stets versuche, Neuheiten und Möglichkeiten an die Teams zu kommunizieren und wo nötig beratend zur Seite zu stehen.

Heute Morgen hatte ich zusammen mit einer „Affiperf Media Trader“-Kollegin die Chance, bei uns im Haus eine „Programmatic 1x1“-Schulung zu geben. Für die meisten der anwesenden 50 Kollegen war „Programmatic Buying“ bis dato ein recht schwammig-abstrakter Begriff. Es hat wirklich Spaß gemacht, das zu ändern, ihnen das Trading und dessen Möglichkeiten näherzubringen. Auf dem ein oder anderen Gesicht war dieser „Das ist wirklich möglich?!?“-Blick zu erkennen – das war echt klasse!

Nach der obligatorischen E-Mail-„Pause“ hatte ich dann noch ein Pitch-Meeting auf der Agenda. Hier versuche ich zu unterstützen und sicherzustellen, dass programmatische Details berücksichtigt, verstanden und umgesetzt werden. Gleiches gilt auch für neue Kampagnen bei schon vorhandenen Kunden. Dabei heißt es, von Planungsbeginn der neuen Kampagnen involviert zu sein, Vorschläge einzubringen und zu beurteilen, wie und ob die Ideen der Strategie sich in der programmatischen Welt realisieren lassen.

Für den Nachmittag war dann noch ein wöchentlicher Kunden-Call im Kalender. Hierfür bereite ich die programmatischen High- und Lowlights der letzten Woche auf und gehe diese zusammen mit dem Kunden durch. Im Folgenden stimmen wir uns noch über die kommende Strategie ab und besprechen eventuelle Anforderungen an bestimmte Bereiche, wie Ad Management oder Data Science.

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